Selva Negra – Schwarzwald

Der Chickenbus nimmt sich für die knapp 10 km vom Busterminal Matagalpa bis zum Abzweig zur Kaffefarm fast eine Stunde – zum einen hält er an jeder Milchkanne, um Leute ein- oder aussteigen zu lassen, zum anderen fährt er die von 675 m auf 1200 m ansteigende Strecke fast ausschließlich im ersten oder zweiten Gang – also im Schneckentempo. Die eineinhalb Kilometer von der Hauptstraße bis zur Farm lege ich bei angenehmen Temperaturen schnell zurück, weil ich um 9:30h an der Kaffeetour teilnehmen will.
1975 haben Deutsche diese Kaffeeplantage erworben und ein Hotel dazu gebaut, ein Konzept für Nachhaltigkeit und ökologische Landwirtschaft entwickelt – und dieses Projekt ist inzwischen ein Aushängeschild – nicht nur in Matagalpa sondern für die gesamte Region – für die sinnvolle Verquickung von Ökotourismus und nachhaltiger Landwirtschaft. Corona trifft den Tourismusbereich hart, der Kaffeeexport (nach USA und Europa) trägt den Betrieb und gibt (zumindest in der Erntezeit von November bis März) mehreren Hundert Familien aus der Umgebung Lohn und Brot.

Coronabedingt findet nur eine Kaffeetour um 14:00h statt, sodass ich genügend Zeit habe, ein Riesenareal an Primärwald, das zur Selva Negra gehört, zu erkunden. Meine Runde ist atemberaubend in vielerlei Hinsicht – einfach großartig – in den vier Stunden sehe ich nicht einen Menschen, dafür aber jede Menge Schmetterlinge, wunderschöne Papageienvögel, unzählige Käfer, Frösche, Eidechsen und natürlich eine schier unendliche Vielfalt an imposanten Pflanzen und Bäumen. Am Ende muss ich mich beeilen, um rechtzeitig zur Tour am Treffpunkt zu sein.

Dass wir in Europa im Supermarkt ein Kilo Kaffeebohnen für weniger als 10.-€ kaufen können, ist angesichts der sehr aufwändigen Anbau- , Ernte-, Reinigungs-, Trocknungs-, Röst-, Verpackungs-. Verschiffungs- und Vermarktungsprozesse schier unmöglich – es sei denn, man nimmt in Kauf, dass die Riesenarmee an Arbeitern und Arbeiterinnen, die mit ihren 10-Stunden-Schichten in wenigen Jahren ihre Gesundheit ruinieren, dies für einen Hungerlohn tun!

Ich halte die Situation kaum aus und schäme mich – wie bei einem Zoobesuch – zu gaffen und zu fotografieren. Die arbeitenden Menschen nehmen zum Glück kaum Notiz von uns und interessanterweise wird viel gelacht und erzählt.
Einige sinken erschöpft ins Gras – als der erste LKW voll ist, steigt eine erste Gruppe ArbeiterInnen hoch auf die Ladefläche, nimmt auf den geernteten Kaffeebohnen Platz, und ab gehts in den Feierabend.

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