Ein Tag auf dem Inle See – wie der Tourismus eine Region verändert

um 8:30 fahren wir von Nyaung Shwe über den 5 km langen Kanal, der nur an einer Stelle so dicht bewachsen ist, raus auf den See. Viele Longtailboats mit Touristen an Bord sind vor uns gestartet und viele werden uns noch folgen
es ist sehr frisch solange die Sonne noch nicht am Himmel steht, und wir sind froh, dass wir Jacken und Socken anhaben
kaum haben wir den Kanal hinter uns gebracht, werden wir von den Einbeinfischern empfangen
vor langer Zeit haben tatsächlich Fischer hier so ihren Beruf ausgeübt: sie stehen einbeinig auf ihrem Boot, das sie bewegen und steuern, indem sie mit dem zweiten Bein das Paddel führen. Dadurch haben sie beide Hände zur Verfügung, um mit der riesigen Bambusreuse in dem seichten Gewässer Fische zu jagen
uns wird heute gegen einen Obulus ein Schauspiel geboten, denn die ehemaligen Einbeinfischer verdienen ihren Lebensunterhalt nun, indem sie Touristen in fotogenen Posen demonstrieren, wie der Einbeinfischfang am Inle See früher vonstatten gegangen sein mag
für sie hat der Tourismus vordergründig ihr Leben erleichtert, weil sie nur noch zum Sonnenaufgang und zum Sonnenuntergang raus müssen für ihre kleine Show und dabei viel mehr Geld verdienen als mit dem tatsächlichen Fischen
als nächstes treffen wir auf Gemüsebauern, die massenhaft Grünpflanzen vom Seegrund auf ihr Boot verfrachten
das Grünzeug brauchen sie, um damit ihre Gemüsebeete an der Wasseroberfläche ihrer schwimmenden Gärten anzulegen
mit Bambusstöcken wird das eng gepackte Grünzeug fixiert. Tomaten, Gurken und Bohnen werden so von den auf dem See lebenden Intha angebaut
rings um und auch auf dem See sind massenhaft Hotels, Resorts und Luxusherbergen entstanden, die zum großen Teil ihre Abwasser ungeklärt in den See einleiten
Diesel, Öl und Lärm der zahllosen Boote tun ihr Übriges, sodass nicht nur dem hier früher beheimateten Inle-Karpfen der Garaus gemacht wurde, vielmehr ist das gesamte Ökosytem dabei zu kippen
alle Touristen werden zu den zahlreichen am Seeufer auf Stelzen gebauten Handwerks museen gebracht.
hier wird demonstriert wie früher Tücher und Kleidungsstücke aus Seide, Lotusfasern und Baumwolle gewebt wurden.
andere Werstattmuseen zeigen Bambusschnitzer, Silberschmiede, Bootsbauer und wie burmesische Zigarretten hergestellt wurden. Jede Werkstatt hat natürlich einen angeschlossenen Verkaufsraum und man wird angehalten, sich doch bitte mit Souvenirs einzudecken
je nach Gusto der Fahrgäste kann es ganz schön heiß hergehen
ein riesengroßer Markt wird besucht – auch der ist überwiegend auf Touristen ausgerichtet. Schmuck, Flaschenöffner, Opiumpfeifen, Laquerware (kunstvoll lackierte Bambusgefäße), Tücher, Kleidungsstücke, … – alles was das Touristenherz (vermeintlich) begehrt, wird wort- und gestenreich zum Verkauf angeboten
ein Mittagessen in einem der unzähligen Restaurants ist im Programm …
ein kurzer Besuch einer Pagode mit einem immens wichtigen buddhistischen Heiligtum (5 Buddhastatuen, die so sehr mit Blattgoldspenden versehen sind, dass Gesichtsformen nicht mehr zu erkennen sind)
dann nehmen wir Reißaus und lassen uns über einen Kanal zum Shwe Inn Tain Pagoda Complex farhen
oberhalb des Dorfes In Dein befindet sich dieser Komplex, …
… in dem mehr als eintausend Stupas …
… aus verschiedenen Zeitepochen …
… die allermeisten sind zwischen dem 11. und 18. Jhdt an diesem Ort entstanden
… einige in bereits sehr bedenklichem Zustand …
… schön, dass Susannes Zustand vollkommen unbedenklich ist
… wunderschön das Spiel tausender Glöckchen im Wind …
auf der Rückfahrt bei untergehender Sonne treffen wir tatsächlich noch auf einen “praktizierenden” einbeinigen Fischer …
… allerdings arbeitet er nicht mit der traditionellen Reuse, sondern mit Netz …
… und dann hat er uns wieder am Haken
enjoy
the
show
… natürlich dasselbe noch einmal …
… im Gegenlicht der untergehenden Sonne …
diese Bilder sind einziartig auf unserer Welt mit dem Inle See verbunden
nachdem er mit unserer “Entlohnung” zufrieden war, bekam auch unser Guide seinen Anteil am Business: ein Kaupäckchen Bethel
Nyaung Shwe ist die einzige Stadt am See (5km entfernt). Viele Menschen hier profitieren sicherlich vom Tourismus, weil seit der Öffnung des Landes 2010 die Touristenzahlen explodiert sind, sich große Einnahmequellen entwickelt haben und viele, viele Arbeitsplätze entstanden sind.
Für sehr viele Einheimische hat der Tourismusboom jedoch katastrophale Folgen, weil es kein Konzept zur Teilhabe Aller am Boom gibt. Die Preise für Grundstücke sind in die Höhe geschossen, ebenso wie die Preise für Dienstleistungen und Lebenshaltungskosten insgesamt. Menschen verarmen und werden aus ihrer Heimat vertrieben

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