Der Fluch der Karibik

Teil 1
Frühstück, Packen und Abschied von meiner Hütte – routiniert
Busfahrt von La Virgen nach Porto Viejo Sarapiqui – easy (30 Minuten)
Busfahrt von Porto Viejo nach Guapiles – auch easy (90 Minuten)
Kaffee und Eis am Busbahnhof und Umsteigen in den superkomfortablen Doppelstock Expresso Bus nach Limon – sehr easy (150 Minuten)
Williams Taxifahrt zu meinem Apartment – sehr teuer. William ist sehr groß (mit dem Kopf berührt er fast den Himmel seines kleinen Toyota) und sehr dick (obwohl sein Sitz weit nach hinten gelehnt ist, damit er durch die Frontscheibe und nicht gegen die Sonnenblende schauen kann, berührt sein Bauch beinahe das Lenkrad) und sehr erfahren im Umgang mit leichtgläubigen Touristen (Höchstens drei, vier Dollares koste die Fahrt, das Apartment sei doch nicht weit weg! Ich habe großes Glück gehabt, an ihn geraten zu sein, denn er kenne Patrick und Kim, meine Vermieter, er sei mit ihnen befreundet, bekundet er Insiderwissen und wisse also ohne zu suchen, wo das Zimmer sei. Jeder andere Taxifahrer in Limon hätte mich erst mal da und da hin gefahren und am Ende 15 Dollares kassiert.
Keine Frage, dass ich ihn mit fünfeinhalb USD großzügig entlohne. Keine Frage allerdings auch, dass ich am nächsten Morgen denselben Weg mit einem anderen Taxi für zweieinhalb USD inkl. Trinkgeld zurücklege)
Also ohne große Verluste mein Wechsel an die Karibikküste! Aber welcher Teufel mich geritten hat, dieses Apartment in Limon zu buchen – ein Alkoholrausch kann es nicht gewesen sein (bin seit Tagen abstinent), Fieberwahn kommt auch nicht in Frage (hab zwar nicht gemessen, kenne mich aber gut genug).
Zweieinhalb Kilometer vom Zentrum weg, Zugang wie zum Hochsicherheitstrakt in Stammheim (Schlüsselsafe mit Code an der Garagentür, Eintritt mit Schlüssel in die Garage. Zweiter Zugangscode für das Sicherheitsschloss der Haustür, die Zugang zum Gemeinschaftsbereich (Küche und Fernseh-/Essbereich) gewährt . Dritter Zugangscode für das Sicherheitsschloss zu meinem Zimmer. Mein Zimmer hat kein einziges Fenster. Die vielleicht 10 m2 sind vollgestellt mit einem Doppelbett und einem Doppelstockbett, es gibt zwei Ventilatoren und eine AC, die Wände sind kahl, das Deckenlicht (ein anderes gibt es nicht) grell, in dem zusammengefrickelten Bad gibt es neben einer Dusche sogar eine Badewanne (die dem Augenschein nach seit Jahren nicht benutzt wurde) und eine versiffte Langflorbodenmatte. Als gegen 21:30h das Amipärchen, das offensichtlich das andere Zimmer gebucht hat, eintrifft und sich nachtfertig macht, ist es so als wären sie bei mir ins Doppelstockbett gezogen. Die Zwischenwand ist so dünn, dass ich jedes ihrer Worte höre und verstehe. Um ihnen eine Rückmeldung über ihre Situation zu geben, huste ich ein paarmal, obwohl ich (endlich) gar keinen Hustenreiz verspüre.

Teil 2
Hab trotz aller Widrigkeiten gut geschlafen im Knast und bin früh am Busbahnhof für die Busse Richtung Süden.
Der Nationalpark von Cuhuita wird schon kurz hinter Limon auf großen Werbeflächen angepriesen und die gemütliche zweistündige Busfahrt auf der schmalen Küstenstraße, die mir immer wieder mal einen Blick auf die Karibische See bietet, lässt mich die gruselige Unterkunft in Limon schnell vergessen.
Der Bus verlässt die Küstenstraße und fährt zum kleinen, staubigen Busterminal nach Cahuita hinein. Da steh ich nun mit meinem Geschlepp, bekomme natürlich sofort Taxiangebote, aber gracias, no necesito!, die 800 m, die google mir zu meiner Unterkunft anzeigt, gehe ich nach einer Busfahrt gern zu Fuß. Außerdem brauche ich Zeit, um zum wiederholten Mal über den Widerspruch zwischen airbnb und googlemaps Lokalisierung meiner Unterkunft auf der einen Seite und der Beschreibung des Standortes in der Anzeige und in den Bewertungskommentaren andererseits nachzudenken. Die Beschreibung spricht von unmittelbarer Lage an der See, die konkreten Adressangaben aber verweisen auf einen Spot an der Landstraße, ca. 1km landeinwärts. Nach 20 Minuten Schlepperei bei 35° offenbart sich das zweite karibische Grauen: der Platz, an dem meine Unterkunft stehen soll, zeigt eine verfallene Bauruine auf einem riesigen Brachland.
Die Karibik und ich, das wird nix! Wenn in diesem Moment ein Bus oder ein Taxi anhielte mit der Option mich weit von der Karibikküste zu wegzubringen, ich wäre eingestiegen.


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