Ich bin heute den dritten Tag in Mamallapuram. Es ist keine Großstadt, aber aufgrund seiner Lage am Golf von Bengalen gerade mal 50 Kilometer südöstlich vom Großraum Chennai ausgestattet mit einer ganzen Reihe an Kulturdenkmälern durchaus ein touristischer Ort. Dass diese Stadt sich in den vergangenen 14 Jahren (2011 war ich zusammen mit Ulla kurz hier) verändert haben würde, war mir bewusst: die Beschaulichkeit von damals findet sich heute noch am Fischerstrand, wo die alten Fischerboote samt geputzter Netze bei Ebbe im Sand liegen – dazwischen die Kühe.
Die Straßen jedoch, die vom Verkehrszentrum der Stadt auf diese stehengebliebene Welt zuführen, sind allesamt geprägt von einer Abfolge von Hotels, Guesthouses, Souvenirshops, Restaurants, Cafés, Bars, Massageshops, … – so weit, so gut oder schlecht. Natürlich verstehe ich, dass die hier lebenden Menschen Geld mit dem Tourismus verdienen wollen. Aber das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage scheint nicht (mehr?) ausgeglichen. An den touristischen Hotspots (Butterball, Shore Temple, Lighthouse, Five Rathas, …) werden busladungsweise massenhaft Touristen organisierter Rundreisen ausgespuckt – aber auch wieder aufgesammelt, denn es sind Tagestouristen, von denen die wenigsten Gruppen auch die Nacht im Ort verbringen.
Die zweite bedeutende Charge sind indische Touristen aus dem Großraum Chennai, die während der Trockenzeit am Wochenende hier einfallen, saufen, Party und Krach machen, den Service bemängeln und kein Trinkgeld geben.
Diese ballermannähnlichen Zustände haben mit der Zeit dazu geführt, dass viele europäische selbstorganisiert Reisende inzwischen gar nicht mehr oder höchstens für einen kurzen Zwischenstopp hierher kommen.
Fazit: unter der Woche gibt es viel zu wenig Übernachtungsgäste.
Diese Zustandsbeschreibung habe ich mir nicht ausgedacht, sondern wurde mir in mehreren Gesprächen mit verschiedenen Gastwirten so in etwa übereinstimmend erzählt.
Dies ist ein Zustand, den ich weder zu verantworten habe noch verändern kann. Ich profitiere hier seit Mittwoch von einem Überangebot.
ABER: ich bekomme die schwierige Lage der Anbieter deutlich zu spüren. Nach zwei Tagen ist es fast ein Spießrutenlauf für mich, wenn ich durch die Straßen schlendere. Gefühlt alle fünf Meter werde ich von einem Anbieter freundlich angesprochen, herzlich begrüßt und in ein – manchmal interessantes – Gespräch verwickelt. Alle Gespräche münden letztendlich immer in der Aufforderung, ich möge doch bitte einen Blick auf das Angebot nehmen. Ich bleibe immer freundlich, aber bestimmt. Aber Ende lenkt der Anbieter dann ein mit der Hoffnung säenden Frage „Maybe later?“ bzw. „Maybe tomorrow?“ Froh, ohne Gesichtsverlust aus der Nummer heraus gekommen zu sein, stimme ich zu.
Dieses Herumeiern war am Mittwoch noch befriedigend und witzig, aber gestern schon und auch heute werde ich an meine vagen Zusagen erinnert und es kostet mich Zeit und Nerven freundlich zu erklären, warum ich mir die Waren nicht im Laden anschauen werde bzw. warum ich woanders essen gehe.
Einen richtigen Eklat gibt es heute mit diesem jungen Mann, einem Rickshaw-Fahrer, dessen Bruder mir gestern eine Rickshawtour zu allen namhaften Sehenswürdigkeiten der Stadt für 400 Rupien angeboten hat. Nachdem wir mit „Maybe tomorrow“ verblieben waren, und ich seine Dienste heute tatsächlich in Anspruch nehmen will, ist er, als ich auftauche, bereits unterwegs, aber sein Bruder macht mir mit seiner Rickshaw das gleiche Angebot – allerdings für 450 Rupien. Als ich nach der ersten Station noch einmal konkret nachfrage, was in welcher Reihenfolge für die knapp 5€ angefahren wird, verdoppelt sich plötzlich der Preis und er versucht sich damit heraus zu reden, dass ich ihn wegen seines schlechten Englisch nicht richtig verstanden habe.
Stinksauer gebe ich ihm 200 Rupien und beende auf der Stelle unsere Geschäftsbeziehung. (Das Foto mache ich, damit ich ihn nach dem Besuch einer Sehenswürdigkeit wieder finden kann)

Morgens, mittags, abends (nicht am selben Tag)



Der rechte (Rocksnapper) wurde zubereitet







Das Haus meiner Unterkunft
